Forum Allgemeine Themen Die Insel Senoria Insel Narrinesos -die gesellige Eremitage

Die Insel Senoria Insel Narrinesos -die gesellige Eremitage

Medea
Medea
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Re: Schon wieder ein neues Thema
geschrieben von Medea
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 26.03.2012, 13:49:21
Ach Du grüne Neune - -
DAS ufert aus Fritz - mir reicht Hut und auf der Hut.

M.

enigma
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Re: Schon wieder ein neues Thema
geschrieben von enigma
als Antwort auf justus39 vom 26.03.2012, 15:36:55
Hallo Liz und Justus,

ich glaube es Euch auf jeden Fall, dass Karl May ein guter und auch fleißiger Musiker gewesen ist.
Und den von Liz empfohlenen Artikel “Karl May und die Musik” habe ich auch gelesen und interessant gefunden.
Danke, Liz!

Aber was mich wundert, ist, dass Karl May mit aufgeführt ist auf der elektrischen Aufnahme eines (italienischen) Volksliedes, das bei Parlophone, einem britischen Platten-Label, das später zu EMI gehörte, erschienen war.

Bei Hans May ist das nicht verwunderlich, denn er schrieb fast nur Filmmusik.
Und bei Joseph Schmidt ist es auch nicht verwunderlich, denn er musste ja in diesen Jahren durch halb Europa wandern auf der Flucht vor den Nazis, war auf dieser Odyssee auch in Amerika und hat m.W. dort auch “Canciones” gesungen.
Allein von der Firma Parlophon soll es aus März 1934 5 Aufnahmen dieses Liedes mit Joseph Schmidt geben.

Allerdings weiß ich jetzt immer noch nicht, wie Karl May da reinpasst, aber ich lasse es jetzt auch so stehen und forsche nicht weiter nach.

Noch einmal ganz herzlichen Dank für Eure freundlichen Informationen.

Liebe Grüße, Enigma


ehemaligesMitglied35
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Re: Schon wieder ein neues Thema
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf justus39 vom 26.03.2012, 15:36:55
Ja, Karl May hat nicht nur Abenteuergeschichten geschrieben


Hier rmöchte ich anfügen, dass KM sich nicht als Abenteuerautor oder gar als Jugendautor verstand, obwohl er eine Reihen vn Geschichten für den "Guten Kamerrade", damals eine Jugendzeitschrift, schrieb, sondern sich stets auf einer erzieherischen Mission sah. Wenn er dies bisweilen auch gut camouflierte.

Ich verwende das letzgenannte Verb nicht, um zu protzen und weise noch auf "mystifizieren, (jemandem etwas vorgaukeln - übrigens eine Spezielität des Maysters), rekognaszieren (kundschaften), reüssieren (gelingen), fixieren (jemanden anstarren)" und viele andere Fremdwörter hin, die für May selbstverständlich waren, die aber der KMV in den grünen Bänden ab den zwanziger Jahren systematisch austilgte und durch deutsche Wörter ersetzte.

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ehemaligesMitglied35
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Re: Schon wieder ein neues Thema
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf enigma vom 26.03.2012, 16:53:39
Aber was mich wundert, ist, dass Karl May mit aufgeführt ist auf der elektrischen Aufnahme eines (italienischen) Volksliedes, das bei Parlophone, einem britischen Platten-Label, das später zu EMI gehörte, erschienen war.


Das ist sicher ein Missverständnis. Selbst wenn H. ud. K. May Hans und Karl May bedeutete, so ist dieser Karl NICHT unser Mayster!

Bedenk doch: unser KM starb 1912!
enigma
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Re: Schon wieder ein neues Thema
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 26.03.2012, 17:06:06
Ja Fritz,

darauf hätte ich schon rein rechnerisch kommen können, denn Josph Schmidt ist erst 1904 geboren.

So, nachdem jetzt dieses Rätsel wieder gelöst ist, lehne ich mich tief befriedigt zurück.


Gruß, Enigma

ehemaligesMitglied35
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Eine Frühlingsfeier
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf enigma vom 26.03.2012, 17:16:56
Hallo!
Fäden, wie diese hier verführen mich Neues oder auch Altes neu zu lesen.
Und da stoße ich bei Charles de Coster auf dies:

Charles de Coster, Ulenspiegel

Die Frühlingsfeier am Ende des 1. Buches


Katheline goß eine gräuliche Mixtur in einen kristallenen Humpen und gab sie den beiden zu trinken, dann rieb sie ihnen mit dieser Mixtur die Schläfen, Nasenlöcher, Handflächen und Knöchel ein, gab ihnen eine Messerspitze voll weißen Pulvers zu essen und sagte ihnen, sie sollten ihre Blicke ineinandertauchen, damit ihre zwei Seelen zu einer verflössen. Ulenspiegel sah Nele an, und die süßen Augen dieses Mädchens entzündeten ein großes Feuer in ihm. Dann hatte er, durch die Wirkung der Mixtur, ein Gefühl, als ob ihn Tausende von Krabben zwickten. Darauf legten sie ihre Kleider ab, und sie waren schön anzusehen im Schein der Lampe, er in seiner stolzen Kraft, sie in ihrer lieblichen Anmut, aber sie konnten einander nicht sehen, denn schon waren sie gleichsam entschlummert. Nun beugte Katheline Neles Hals auf Ulenspiegels Arm und legte seine Hand auf das Herz des Mädchens. Und sie blieben nackt beieinander liegen.

Es schien ihnen beiden, als ob ihre Körper sich in einem Feuer berührten, das lieblich war wie die Sonne im Monat der Rosen. Sie erhoben sich – so sagten sie später –, stiegen auf das Fenstersims und schwangen sich von dort in den Raum, dann fühlten sie, wie die Luft sie trug, gleich einem Schiffe, das vom Wasser getragen wird. Dann sahen sie nichts mehr, weder die Erde, auf der die armen Menschen schliefen, noch den Himmel, dessen Wolken bald zu ihren Füßen dahinjagten. Und nun setzten sie den Fuß auf den Sirius, den kalten Stern, von dort wurden sie auf den Pol geschleudert. Da sahen sie, nicht ohne Furcht, einen nackten Riesen, den Riesen Winter, mit fahlem Haar, der, gegen eine Mauer von Eis gelehnt, auf Eisblöcken saß. In den Wasserlachen schwammen Bären und Robben umher und umkreisten ihn, eine heulende Rotte.

Mit rauher Stimme rief er den Hagel, den Schnee, den kalten Regen, die grauen Wolken, die roten stinkenden Nebel und die Winde, von denen der rauhe Nordwind am schärfsten bläst. Und alle seine Hörigen wüteten gleichzeitig an diesem grausigen Ort.

Über dieses Toben lachend, legte sich der Riese auf Blumen, die seine Hand welk gemacht hatte, und auf Blätter, die in seinem Atem verdorrt waren. Dann bückte er sich und wühlte den Boden mit seinen Fingernägeln auf, biß mit seinen Zähnen hinein und grub ein Loch, um nach dem Herzen der Erde zu suchen und es zu verschlingen, auch wollte er schwarze Kohle machen, wo schattige Waldungen standen, Stroh, wo das Getreide blühte, und sandige Einöden, wo fruchtbares Erdreich war. Aber das Herz der Erde ist von Feuer. Er wagte nicht, es zu berühren, und zog sich furchtsam zurück.

So thronte er als König und leerte seinen Pokal voll Öl inmitten seiner Bären und Robben und der Skelette all derer, die er auf dem Meere und in den Hütten der Armen getötet hatte. In heiterer Laune hörte er die Bären brummen, die Robben schreien und die Skelette der Menschen und Tiere unter den Füßen der Geier und Raben klappern, die nach einem letzten Stück Fleisch suchten, und er freute sich an dem Donnern der Eisblöcke, die im trüben Wasser gegeneinanderstießen. Und die Stimme des Riesen klang wie das Brausen der Orkane, wie das Pfeifen der winterlichen Stürme und wie das Heulen der Winde in den Kaminen.

»Mich friert, und ich habe Angst«, sagte Ulenspiegel. »Er vermag nichts gegen Geister«, antwortete Nele.

Plötzlich entstand lebhafte Bewegung unter den Robben, die hastig ins Wasser zurückkehrten, unter den Bären, die angstvoll die Ohren hängen ließen und kläglich brummten, und unter den Raben, die furchtbar krächzten und sich im Gewölk verloren. Und Nele und Ulenspiegel hörten die schweren Schläge eines Beiles gegen die Mauer von Eis, die dem Riesen Winter als Stütze diente.

Und die Mauer spaltete sich und wankte in ihren Grundfesten. Aber der Riese Winter hörte nichts, heulte und grölte fröhlich weiter, füllte seinen Pokal immer wieder mit Öl und leerte ihn und suchte das Herz der Erde, um es zu vereisen, wagte aber nicht, es anzufassen.
Indessen erklangen die Schläge noch stärker, die Mauer spaltete sich noch mehr, und der Eisregen hörte nicht auf, rund um ihn niederzufallen. Und die Bären brummten kläglich ohne Unterlaß, und die Robben klagten in den trüben Wassern. Die Wand stürzte ein, und es wurde Tag im Himmel. Ein Mann, nackt und schön, kam herabgestiegen, mit einer Hand stützte er sich auf eine goldene Hacke. Und dieser Mann war Luzifer, der König Frühling. Als der Riese seiner ansichtig wurde, warf er seinen Ölpokal weit fort und bat ihn, er möge ihn nicht töten.
Unter dem warmen Atemhauch des Königs Frühling verlor aber der Riese Winter alle Kraft. Da nahm der König diamantene Ketten und fesselte ihn an den Pol. Dann hielt er an und stieß einen sanften, liebevollen Schrei aus. Und eine blonde Frau, schön und nackt, stieg vom Himmel herab.

Sie stellte sich dem König zur Seite und sagte: »Du bist mein Besieger, starker Mann.« Er antwortete: »Wenn du Hunger hast, iß, wenn du Durst hast, trink, wenn du Angst hast, schmiege dich an mich, denn ich bin dein Gemahl.« »Nur nach dir dürstet und hungert mich«, sagte sie.
Der König stieß noch siebenmal schrecklichere Schreie aus, und es entstand ein großes Getöse von Donner und Blitz, und hernach bildete sich ein Thronhimmel von Sonnen und Sternen. Und sie setzten sich auf die Throne.

Nun schrien der König und die Frau, ohne ihre edlen Mienen zu verändern und ohne eine Bewegung zu tun, die ihrer und ihrer erhabenen Majestät unwürdig gewesen wäre. Nach diesem Schreien ging eine wellenförmige Bewegung durch die Erde, durch die harten Steine und die Eisblöcke. Und Nele und Ulenspiegel vernahmen ein Bersten, das klang, als ob gigantische Vögel die Schalen riesengroßer Eier mit Schnabelschlägen zertrümmern wollten. In dieser gewaltigen Bewegung des Grundes, der sich hob und senkte, gleich den Wogen des Meeres, bildeten sich Formen in Eigestalt.
Plötzlich wuchsen überall Bäume auf, ihre Zweige waren ineinander verschlungen, und die Stämme wankten wie trunkene Menschen. Dann zerstreuten sie sich und ließen einen breiten leeren Raum in ihrer Mitte. Dem aufgerührten Grund entstiegen die Genien der Erde, aus der Tiefe der Waldungen kamen die Baumgeister, und aus dem benachbarten Meer tauchten die Wassergenien auf. Ulenspiegel und Nele sahen da die winzigen Schatzwächter, bucklige, dicke, zottige, häßliche und grimassenschneidende Fürsten des Gesteins, Holzmännlein, die wie Bäume leben, indem sie statt eines Mundes und Magens unter dem Kinn ein Bündel von Wurzeln tragen, mit dem sie ihre Nahrung aus dem Schoß der Erde saugen. Die Kaiser der Minen, die nicht sprechen können und sich wie leuchtende Automaten bewegen.

Da gab es Zwerge von Fleisch und Blut, die hatten Eidechsenschwänze und Krötenköpfe und trugen eine Laterne auf dem Kopf, sie sind es, die nachts Betrunkenen und furchtsamen Wanderern auf die Schulter springen und dann, herabhüpfend, ihre Laterne schwingen, um die Ärmsten, die glauben, sie sähen die Kerze in ihrem Hause brennen, in die Moore und Abgründe zu führen. Da waren auch die Blütenmädchen, Blumen voll weiblicher Kraft und Gesundheit, nackt und nicht errötend, stolz auf ihre Schönheit, sie hatten keinen anderen Mantel als ihre Haare. Ihre Augen schimmerten feucht wie das Perlmutter im Wasser, das Fleisch ihres Körpers war fest, weiß und vom Licht übergoldet, aus ihren roten Lippen strömte ein Hauch, balsamischer als Jasminduft. Das sind sie, die des Abends in den Parks und Gärten oder in der Tiefe der Wälder auf schattigen Pfaden umherirren und, von Liebessehnsucht erfüllt, eine Menschenseele suchen, um sich mit ihr zu ergötzen. Sobald ein junger Bursche und ein junges Mädchen an ihnen vorbeigehen, versuchen sie, das Mädchen zu töten, da sie das aber nicht vermögen, hauchen sie dem Schätzchen, das noch Widerstand übt, die Sehnsüchte der Liebe ein, damit es sich dem Geliebten ergebe, denn dann fällt die Hälfte der Küsse für die Blütenmädchen ab.

Ulenspiegel und Nele sahen auch die Schutzgeister der Sterne aus den Himmelshöhen herabsteigen, die Genien der Winde, des Taus und des Regens, in der Gestalt junger Männer, die die Erde befruchteten. Dann tauchten an allen Stellen des Himmels die Vögel der Seelen auf, die lieblichen Schwalben. Als sie ankamen, schien das Licht heller zu werden. Blütenmädchen, Gesteinsfürsten, Minenkaiser und die Geister des Wassers, des Feuers und der Erde riefen gleichzeitig: »Licht! Kraft! Heil dem König Frühling!« Obgleich das Tosen der einstimmigen Rufe gewaltiger war als das des zürnenden Meeres, des donnernden Blitzes und des entfesselten Herbststurmes, so erklang es in Neles und Ulenspiegels Ohren, die regungslos und stumm hinter dem knorrigen Stamm einer Eiche standen, doch als herrliche Musik.
Aber noch größere Angst befiel sie, als sie sahen, wie die Geister auf Sitzen Platz nahmen, die von riesengroßen Spinnen, Kröten und Elefantenrüsseln und miteinander verflochtenen Schlangen gebildet wurden, da waren Krokodile, die auf den Schwänzen aufrecht standen und eine Gruppe von Geistern im Rachen hielten, über dreißig Zwerge und Zwerginnen saßen rittlings auf den sich windenden Schlangen, an die hunderttausend Insekten kamen herangeflogen: größer als Goliath und mit Degen, Lanzen, gezähnten Sensen, siebenzinkigen Gabeln und allen anderen Arten mörderischer Instrumente bewaffnet. Sie bekämpften einander mit großem Getöse, der Starke fraß den Schwachen und erwies so, sich mästend, daß der Tod das Leben zeugt und das Leben den Tod.
Aus dieser Menge wogender, zusammengedrängter und verwirrter Geister erhob sich ein Lärm, wie ihn nur gewaltiger Donner hervorruft oder das gleichzeitige Arbeiten von hundert Webern, Müllern und Schlossern. Plötzlich erschienen die Geister der Kraft, sie waren klein und dick und hatten Lenden von der Ausdehnung des Heidelberger Fasses, Schenkel wie Weinfässer und Muskeln von so außergewöhnlicher Kraft und Stärke, daß man hätte sagen können, ihre Körper wären aus großen und kleinen Eiern gemacht, die durch Gelenke miteinander verbunden und von einer fetten roten Haut überzogen seien, die wie der schüttere Bart und das Haupthaar erglänzten, sie trugen ungeheure Humpen, die mit einer sonderbaren Flüssigkeit angefüllt waren.

Als die Geister sie kommen sahen, ging eine große Bewegung der Freude durch die Menge, die Bäume und alle Pflanzen regten sich, und die Erde spaltete sich, um zu trinken. Und die Geister der Kraft ließen den Wein fließen, alsobald knospete, grünte und blühte es allerorten. Die Gräser waren voll surrender Insekten, und der Himmel war von Vögeln und Schmetterlingen erfüllt. Die Geister gossen immerzu Wein aus, und die Wesen unter ihnen schlürften ihn, wie sie konnten. Die Blütenmädchen öffneten den Mund, oder sie sprangen auf ihre roten Mundschenke und küßten sie, um mehr zu bekommen, andere falteten die Hände, um zu bitten, wieder andere, glücklichere, ließen den Regen auf sich herabströmen. Und alle die Gefräßigen und Durstigen, fliegende, stehende, laufende oder unbewegliche, suchten vom Weine zu bekommen, und bei jedem Tropfen, den sie erhaschen konnten, nahm ihre Lebenskraft zu.

Da gab es weder Alte noch Häßliche noch Schöne, sondern alle waren voll grüner Kraft und lebendiger Jugend. Und sie lachten, schrien und sangen und jagten einander wie Eichhörnchen auf den Bäumen und wie Vögel in der Luft. Und jedes Männchen suchte sein Weibchen, und unter Gottes Himmel taten sie das heilige Werk der Natur.

Die Geister brachten dem König und der Königin einen großen Pokal mit Wein angefüllt, und der König und die Königin tranken und umarmten sich. Dann schüttete der König, während er die Königin umschlungen hielt, die Neige seines Pokals über die Bäume, Blumen und Geister aus und rief:
»Heil dem Leben! Heil der freien Luft! Heil der Kraft!« Und alle riefen: »Heil der Natur! Heil der Kraft!« Da nahm Ulenspiegel Nele in seine Arme.

Während sie sich umschlungen hielten, hub ein Tanz an. Ein Tanz, rasend wie sturmgepeitschte Blätter, ein Tanz, in dem alles durcheinanderwirbelte: Bäume, Pflanzen, Insekten, Schmetterlinge, Himmel und Erde, König und Königin, Blütenmädchen, Minenkaiser, Wassergeister, Buckelzwerge, Steinfürsten, Holzmännlein, Laternenträger und Schutzgeister der Sterne, darunter mengten sich die hunderttausend schreckenerregenden Insekten mit ihren Lanzen, gezähnten Hippen und siebenzinkigen Gabeln. Es war ein schwindelerregender Tanz, im Räume kreisend, den er erfüllte und an dem Sonne, Mond, Planeten, Sterne, Wind und Wolken teilnahmen.
Und die Eiche, an die Nele und Ulenspiegel sich geklammert hatten, rollte in den Wirbel, und Ulenspiegel sagte zu Nele: »Liebchen, wir müssen sterben!« Das hörte ein Geist und sah, daß sie Sterbliche waren. »Menschen!« schrie er, »Menschen an diesem Ort!« Und er zerrte sie von dem Baum weg und schleuderte sie in die Menge.

Ulenspiegel und Nele fielen weich auf die Rücken der Geister. Die warfen sich die beiden Menschen gegenseitig zu und riefen: »Gruß den Menschen! Willkommen seien sie, die Erdenwürmer! Wer will den Knaben und wer das Mädchen? Sie kommen, uns zu besuchen, die Armseligen!«

Und Nele und Ulenspiegel riefen, während sie von einem zum andern flogen: »Gnade!«
Aber die Geister hörten sie nicht, und beide purzelten durch den Raum, die Beine nach oben, die Köpfe nach unten, und wirbelten wie Federn im Wintersturm, während die Geister sagten: »Heil den Männlein und Weiblein, die mit uns tanzen!« Die Blütenmädchen wollten Nele von Ulenspiegel trennen, schlugen sie und hätten sie getötet, wenn König Frühling den Tanz nicht durch eine Handbewegung beendet und dann gerufen hätte: »Man bringe mir die beiden Läuse vor Augen!« Und sie wurden voneinander getrennt, und jedes einzelne Blütenmädchen versuchte, Ulenspiegel ihren Rivalinnen zu entreißen, indem sie sagte: »Thyl, wolltest du nicht für mich sterben?« »Ich werde es bald tun«, antwortete Ulenspiegel. Und die Zwerggeister der Wälder, die Nele trugen, sagten: »Warum bist du nicht nur Seele wie wir, daß wir dich besitzen könnten!« Nele antwortete: »Habt Geduld!«

So kamen sie vor den Thron des Königs. Als sie seine goldene Hacke und die eiserne Krone sahen, zitterten sie heftig. Er sprach zu ihnen: »Was hattet ihr hier vor, Elende?« Sie gaben keine Antwort. »Ich kenne dich, Hexenknospe, und auch dich, Köhlersprosse!« fuhr er fort, »da ihr aber kraft des Zauberwerks in diese Werkstatt der Natur eingedrungen seid, warum haltet ihr jetzt den Schnabel wie Kapaune, die mit Körnern vollgefressen sind?«

Nele bebte, als sie den schrecklichen Teufel ansah, aber Ulenspiegel hatte seine männliche Sicherheit wiedergewonnen und antwortete: »Die Asche Claesens schlägt über meinem Herzen. Göttliche Hoheit, der Tod zieht durch die Gefilde von Flandern und mäht die kräftigsten Männer und die lieblichsten Frauen im Namen des Papstes dahin. Die Privilegien sind zerstört, die Verträge vernichtet, der Hunger nagt, und die Weber und Tuchhändler wandern aus, um in die Fremde zu gehen und dort freie Arbeit zu suchen. Bald wird Flandern sterben, wenn man ihm nicht zu Hilfe kommt!

Hoheiten, ich bin nur ein armes, kleines Menschlein, das zur Welt kam wie alle andern, ich habe gelebt, wie ich konnte: unvollkommen, beschränkt, unwissend, tugendlos, unkeusch und unwert menschlicher oder göttlicher Gnade. Doch Soetkin starb an den Folgen der Tortur und an ihrem Kummer, und Claes wurde in einem schrecklichen Feuer verbrannt, ich wollte sie rächen und habe es schon einmal getan. Doch ich wollte auch diesen Boden glücklicher sehen, auf dem ihre Gebeine zerstreut sind, und ich flehte zu Gott um den Tod der Verfolger, aber er erhörte mich nicht. Der Klagen müde, habe ich Euch durch die Macht von Kathelines Zauber beschworen, und nun kommen wir, ich und meine zitternde Genossin, vor Euren Thron, göttliche Hoheit, um Euch zu bitten, daß Ihr dieses arme Land errettet.«

Der Kaiser und seine Gefährten antworteten einstimmig:

»Durch Krieg und durch Feuer,
Durch Tod und durchs Schwert,
Suche die Sieben.
Im Tod und im Blut,
In Trümmern und Tränen,
Finde die Sieben.
Häßliche, Grausame, Böse, Entstellte,
Wahre Geißeln dem armen Lande,
Brenne die Sieben.
Harre, höre und sieh!
Sag, bist du nicht froh, du Armer?
Finde die Sieben.«
Und alle Geister sangen im Chor:
»Im Tod und im Blut,
In Trümmern und Tränen,
Finde die Sieben.
Harre, höre und sieh!
Sag, bist du nicht froh, du Armer?
Finde die Sieben.«

»Aber, Hoheit«, sagte Ulenspiegel, »und ihr, ehrwürdige Geister, ich verstehe nichts von eurer Sprache. Ihr spottet meiner ohne Zweifel.«

Doch ohne ihn anzuhören, sagten sie:

»Wann der Nordwind den Schläfer küßt,
Untergangs Ende ist:
Den Gürtel such und die Sieben.«

Und der Ton ihrer vereinigten Stimmen war von solcher Gewalt und widerhallte mit so furchtbarem Klang, daß die Erde bebte und die Himmelsräume erschauerten. Und alle Vögel schrien vor Angst, die Eulen kreischten, die Sperlinge piepsten, die Seeadler klagten und schlugen erschreckt mit den Flügeln. Die Tiere der Erde, Löwen, Schlangen, Bären, Hirsche, Rehe, Wölfe, Hunde und Katzen brummten, zischten, klagten, heulten, bellten und miauten schrecklich.

Und die Geister sangen:

»Harre, höre und sieh,
Liebe die Sieben
Und den Gürtel.«

Da krähten die Hähne, und alle Geister verschwanden bis auf einen bösen Minenkaiser, der Ulenspiegel und Nele jedes an einem Arm faßte und sie erbarmungslos ins Leere schleuderte.

Sie fanden sich beieinanderliegend wie zum Schlaf und schauerten im kalten Morgenwind. Und Ulenspiegel sah Neles lieblichen Leib vergoldet von der Sonne, die am Himmel aufstieg.



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ehemaligesMitglied35
ehemaligesMitglied35
Mitglied

Für echte Karl-May-Leser
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 28.03.2012, 01:20:18
Da sich mein Auftritt im KM-Faden nebenan als Griff in die Schüssel erwies, ich aber eine weitere Beschäftigung mit ihm für wichtig halte, hier ein Radiotipp

SWR2 Wissen
Karl May - ein Meister der Selbstvermarktung
Sendung am Donnerstag, 29.3. | 8.30 Uhr | SWR2
Von Michael Reitz

· Karl May
Karl May, Autor von "Winnetou" und "Durchs wilde Kurdistan", war Ende des 19. Jahrhunderts einer der ersten Schriftsteller in Deutschland, der sich mit großem Geschick und Erfolg selbst vermarktete. Er verbreitete von sich das Bild des gelehrten Abenteurers, der die Schauplätze seiner Geschichten selbst bereist und die beschriebenen Gefahren selbst bestanden hätte. Er behauptete, annähernd 20 Sprachen zu sprechen, einen Doktortitel zu besitzen und sowohl Old Shatterhand als auch Häuptling der Apachen zu sein. May beherrschte bereits die Verfahrensweisen der Unterhaltungsindustrie und nutzte das Zusammenspiel medialer Foren: Autogrammkarten, öffentliche Auftritte, Homestories. Er war Schriftsteller und Geschäftsmann; ein Produkt des aufstrebenden Deutschen Reiches und des wirtschaftlichen Booms der 1890er-Jahre. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wäre Karl May nach heutigen Maßstäben Tantiemen-Millionär


Karl May - gemialer Selbstvermarkter

Medea
Medea
Mitglied

Re: Eine Frühlingsfeier
geschrieben von Medea
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 28.03.2012, 01:20:18
Was für eine unglaubliche atemberaubende Fantasie,
was für ein bacchanales Treiben schildert Carles
de Coster in seinem Ulenspeegel - ein wahrhafter Meister
der Sprache und der Formulierung.

M.

ehemaligesMitglied35
ehemaligesMitglied35
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Re: Eine Frühlingsfeier
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf Medea vom 29.03.2012, 08:42:54
ein wahrhafter Meister
der Sprache und der Formulierung.


Gell! Ei freilich doch!

Mir fehlt noch der Nachweis, dass de Coster Jacob Grimms entsprechende Forschungen und Veröffentlichunge zur nord- und südgermanischen und zur irischen Mythologie gekannt hat.

Felix Timmermann soll als Vorbild für seinen "Pallieter" de Coster genommen haben.

Gruß
claudiawien
claudiawien
Mitglied

Re: Insel Narrinesos -die gesellige Eremitage
geschrieben von claudiawien
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 11.03.2012, 17:15:56
Ich glaube, das ist das erste Gedicht, das man mir dezitierte.
geschrieben von FritzR


Du meinst bestimmt "dedizierte". Ein Gedicht kann man niemandem "dezitieren".

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