Pflegeberatung nach § 7a SGB XI – Vorbereitung, Organisation und Unterstützung bei der häuslichen Pflege

Der Eintritt einer Pflegebedürftigkeit ist oftmals sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für ihre Angehörigen eine überfordernde Situation. Um Ratsuchenden eine Orientierung im Pflegedschungel zu ermöglichen, werden gesetzlich verankerte Beratungsleistungen angeboten, wie die nach § 7a SGB XI definierte Pflegeberatung. Im Rahmen dieser individuellen Beratung werden Pflegebedürftige sowie deren Angehörige umfassend über die verschiedenen Leistungs- und Hilfsangebote in der Pflege informiert.

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1. Was ist eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI?

2. Wer kann eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen?

3. Wer darf eine Pflegeberatung durchführen?

4. Was sind die Inhalte und Ziele einer Pflegeberatung?

5. Wie läuft eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI ab?

6. Was ist ein Versorgungsplan?

7. Was kostet eine Pflegeberatung?

8. Pflegeberatung, Beratungseinsatz und Pflegekurse: Worin liegt der Unterschied?


1. Was ist eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI?

Bei der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI geht es um die umfassende Information und Organisation der Pflege- und Leistungsansprüche. Da ein Pflegefall oftmals unerwartet eintritt, sind die Betroffenen zunächst mit einer Vielzahl von Fragen konfrontiert:

  • Welche Leistungen aus der Pflegeversicherung stehen mir zu?
  • Wie wird die Pflege organisiert?
  • Ist eine häusliche Pflege möglich?
  • Welche Hilfs- und Entlastungsangebote gibt es?
  • Wo kann ich mich beraten lassen?

Ziel der Pflegeberatung ist es, den Ratsuchenden Antworten auf diese Fragen zu geben, um ihnen den Einstieg in die häusliche Pflege zu erleichtern. Die Beratung wird von qualifizierten Pflegeberatern durchgeführt und folgt einem von dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen abgestimmten Verfahren. Eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI ist keine einmalige Informationsbeschaffung, sondern ein Beratungsprozess, durch den pflegebedürftige Menschen und pflegende Angehörige in ihrer Versorgungssituation unterstützt werden.

Zu Beginn der Beratung wird der individuelle Pflege-, Versorgungs- und Betreuungsbedarf des Pflegebedürftigen ermittelt. Es folgt die Vorstellung geeigneter Hilfs- und Entlastungsangebote und die Festlegung eines Versorgungsplans, um die Qualität der Pflege zu sichern und die Angehörigen bestmöglich zu entlasten. Der Versorgungsplan ist auf die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person zugeschnitten und enthält neben den geplanten Maßnahmen auch Angaben zu Kosten und Kostenträgern. Nach der Erstellung des Pflegeplans begleiten die erfahrenen Pflegeexperten die Umsetzung der Maßnahmen und überwachen deren Entwicklung. Nachdem die Pflege weitgehend organisiert ist und mögliche Verbesserungen angepasst wurden, endet die Pflegeberatung.

2. Wer kann eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen?

Ratsuchende Versicherte, die Pflegeleistungen erhalten, haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine Pflegeberatung. Dazu gehören auch Personen, die zwar noch keine Leistungen beziehen, aber bereits einen Antrag bei der Pflegekasse gestellt haben. Die Pflegeberatung ist für Anspruchsberechtigte kostenlos und freiwillig. In der Regel findet eine solche Beratung zu Beginn der Pflege statt, um eine bedarfsgerechte Betreuung und Versorgung sicherzustellen. Auf Wunsch oder bei einer Bedarfsänderung ist es möglich, jederzeit einen erneuten Beratungstermin zu vereinbaren.  

HINWEIS DER REDAKTION:

Die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI wird häufig mit dem Beratungseinsatz nach § 37.3 SGB XI verwechselt. Der Grund dafür ist, dass der Begriff „Pflegeberatung" nicht geschützt ist und daher vielerorts auch für andere Beratungsanlässe verwendet wird. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass es sich bei dem Beratungseinsatz nach § 37.3 um einen verpflichtenden Beratungsbesuch (ab Pflegegrad 2) handelt. Um Verwechslungen zu vermeiden, ist es ratsam, hervorzuheben, auf welche Art der Pflegeberatung Bezug genommen wird (z. B. „Pflegeberatung nach § 7a").

3. Wer darf eine Pflegeberatung durchführen?

Eine Pflegeberatung muss durch einen unabhängigen und neutralen Pflegeberater durchgeführt werden. Denn nur so können die individuellen Bedürfnisse, Ressourcen und Möglichkeiten des Pflegebedürftigen und dessen Angehörigen im Zentrum der Beratung stehen. Außerdem ist es wichtig, dass die jeweiligen Berater über eine umfassende fachliche Kompetenz verfügen. Nur gut ausgebildete Fachexperten können das Krankheitsbild, die Lebensumstände und die jeweilige Pflegesituation richtig einschätzen und geeignete Lösungen vorstellen. Laut § 7a Abs. 3 sind es insbesondere Pflegefachkräfte, Sozialversicherungsfachangestellte oder Sozialarbeiter mit der jeweils erforderlichen Zusatzqualifikation, die die persönliche Beratung übernehmen können.

Eine erste Anlaufstelle für eine Pflegeberatung ist die eigene Kranken- bzw. Pflegekasse. Diese verweist in der Regel auch an einen geeigneten Pflegeberater. Alternativ kann man sich aber auch an das örtliche Sozialamt oder die Kommune wenden oder eine Online-Pflegeberatung vereinbaren.

Grundsätzlich bieten sich folgende Kontaktstellen an:

  • Krankenkassen / Pflegekassen
  • Sozialämter
  • Pflegestützpunkte
  • Wohlfahrtsverbänden & Verbraucherzentralen
  • Ambulante Pflegedienste
  • Sozialdienste von Krankenhäusern
  • Online-Portale

HINWEIS DER REDAKTION:

Wer privat versichert ist, kann sich an die Pflegeberatung "compas" wenden. Compass ist die zentrale und unabhängige Pflegeberatung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung. Das Beratungsunternehmen bietet Beratungsgespräche sowohl telefonisch als auch vor Ort an.

4. Was sind die Inhalte und Ziele einer Pflegeberatung?

Die Pflegeberatung hilft Ratsuchenden, sich auf die häusliche Pflege vorzubereiten, indem sie den individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarf ermittelt. Ziel ist es, den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen einen umfassenden Überblick über die Organisation der Pflege und die damit verbundenen (Pflege-)Leistungen zu geben. Die Pflegeberatung nach § 7a dient daher in erster Linie der Orientierung und der Vorbereitung der Pflege. Eine ausführliche Beratung kann helfen, Pflegefehler sowie unnötig anfallende Kosten zu vermeiden. Es ist für jeden Anspruchsberechtigten ratsam, die Möglichkeit einer kostenlosen Beratung wahrzunehmen.

Die Beratung bietet jedoch weit mehr als nur Informationen. Durch die Fokussierung auf die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person wird deren Selbstbestimmung gestärkt. Darüber hinaus haben Angehörige die Möglichkeit, ihre Fragen, Anregungen und Sorgen an eine Person zu richten, die fachlich versiert ist und dabei hilft, geeignete Lösungen zu erarbeiten. Zudem können Defizite in der häuslichen Pflege schneller erkannt und abgebaut werden.

Außerdem verfolgt eine Pflegeberatung das Ziel, die pflegenden Angehörigen zu entlasten. Die Pflege eines geliebten Menschen wird oft unterschätzt. In der Folge leiden Angehörige unter Überlastung, die im schlimmsten Fall in einem Burnout enden kann. Pflegeberater erkennen aufkommende Überlastungsprobleme und informieren über mögliche Hilfsangebote.

Bei der Durchführung einer Pflegeberatung nach § 7a SGB XI stehen demnach folgende Aspekte im Fokus:

  • Erstinformation nach der Antragsstellung bei der Pflegekasse
  • Ermittlung des individuellen Unterstützungsbedarfs
  • Umfassende Information über das Thema der häuslichen Pflege (Wohnraumanpassung, (Pflege-)Hilfsmittel, Zuschüsse und Förderungen)
  • Unterstützung bei der Beantragung eines Pflegegrads
  • Hilfestellung bei der Auswahl und Inanspruchnahme von bundes- oder landesweiten Sozialleistungen und anderen Hilfen
  • Kombination von Geld- und Sachleistungen
  • Erstellung eines individuellen Versorgungsplans
  • Beratung über Entlastungsangebote für Angehörige

5. Wie läuft eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI ab?

In der Regel erfolgt die Pflegeberatung in der Häuslichkeit, in der die Pflege stattfindet. Alternativ kann das Beratungsgespräch aber auch in den Räumen der Pflegekasse, in Pflegestützpunkten oder in Beratungsstellen durchgeführt werden. Ist keine dieser Optionen möglich, bietet sich eine telefonische oder eine Online-Pflegeberatung an. Auf Wunsch des Anspruchsberechtigten sind auch dessen Angehörige oder Freunde berechtigt, an der Pflegeberatung teilnehmen.

Eine Pflegeberatung folgt stets einem festen Schema. Dies ist in den Richtlinien des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorgeschrieben. Die Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung stellen sicher, dass jeder Anspruchsberechtigte die gleichen Möglichkeiten und Informationen erhält, um sich und seine Angehörigen angemessen auf die Pflege vorzubereiten.

Der Beratungsprozess gliedert sich in sieben Verfahrensschritte:

1.    Ermittlung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs

  • Einschätzung der Gesundheitssituation (chronische Krankheiten, Demenz etc.)
  • Einschätzung der individuellen Pflege- und Lebenssituation (Barrierefreiheit)
  • Einschätzung der Situation der pflegenden Angehörigen
  • Festlegung der Inhalte, Ziele und Maßnahmen der Pflegeberatung

2.    Beratung auf Grundlage des ermittelten Hilfe- und Unterstützungsbedarfs

  • Pflegerische Hilfsmittel (Pflegeleistungen, Hilfen bei der Haushaltsführung, Kombinationsleistungen, technische Hilfsmittel, Mobilitätshilfen)
  • Rehabilitation
  • Prävention und Gesundheitsförderung (Gesundheitskurse, Pflegekurse für pflegende Angehörige nach § 45 SGB XI)
  • Wohnraumanpassungen

3.    Erstellen eines individuellen Versorgungsplans

  • Angaben zum pflegerischen Hilfebedarf und den notwendigen Maßnahmen
  • Empfehlungen zur Umsetzung der festgelegten Maßnahmen
  • Hinweise zu den Leistungen und Finanzierungsmöglichkeiten
  • Versorgungsziele
  • Hinweise zur gemeinsamen Überprüfung und Anpassung des Versorgungsplans

4.    Durchführung der festgelegten Maßnahmen

  • Die Pflegeberater unterstützen bei der Umsetzung der Maßnahmen
  • Wenn weitere Hilfe benötigt wird, vermitteln die Pflegeberater an ambulante Pflegedienste, sozialpsychologische Dienste, Ärzte oder auch Alltagshelfer, wie der Lieferservice "Essen auf Rädern"

5.    Überwachung der Durchführung

  • Kontrolle der durchzuführenden Maßnahmen (telefonisch oder über persönliche Begleitung)
  • Vereinbarung weiterer Gesprächstermine möglich
  • Bei Anpassungsbedarf: Einleitung entsprechender Maßnahmen

6.    Information über Entlastungsangebote für die Pflegenden

  • Dazu zählen beispielsweise Pflegekurse, Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Pflegestützpunkte und die 24-Stunden-Betreuung

7.    Ende der Pflegeberatung

  • Nach der Anpassung und der Umsetzung des Versorgungsplans ist die Pflegeberatung beendet
  • Die Beratung kann aber auch jederzeit abgebrochen werden
  • Bei einer Bedarfsänderung ist eine erneute Pflegeberatung möglich  

6. Was ist ein Versorgungsplan?

Im Rahmen einer jeden Pflegeberatung wird ein individueller Versorgungsplan erstellt. Dieser dokumentiert die Ziele und Maßnahmen, die sich aus der umfassenden Analyse des Unterstützungsbedarfs des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen ergeben haben. Der Pflegeplan wird mit dem Pflegeberater besprochen und gemeinsam erstellt.

Der Aufbau des Versorgungsplans wird in der technischen Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans festgelegt. Der Versorgungsplan muss beispielsweise allgemeine Informationen über die an der Versorgung beteiligten Personen sowie über den Pflegeberater enthalten. Außerdem wird der individuelle Unterstützungsbedarf, die Ziele und die notwendigen Maßnahmen dokumentiert.

Der Versorgungsplan wird in elektronischer Form erstellt, damit er auch an Pflegekassen, Ärzte, Pflegeeinrichtungen oder Beratungsstellen übermittelt werden kann. Die leistungsberechtigte Person muss jedoch vorher schriftlich ihr Einverständnis zur Weitergabe der Daten geben. Im Falle einer Geschäftsunfähigkeit ist auch ein Bevollmächtigter oder ein gesetzlicher Betreuer berechtigt, die Zustimmung zur elektronischen Übermittlung zu geben.

7. Was kostet eine Pflegeberatung?

Eine Pflegeberatung ist für den Versicherten kostenlos. Da die Pflegeversicherung die Kosten übernimmt und direkt mit der jeweiligen Beratungsstelle abrechnet, muss auch nicht in Vorleistung getreten werden.

8. Pflegeberatung, Beratungseinsatz und Pflegekurse: Worin liegt der Unterschied?

Da vielerorts auch die Beratungseinsätze (§ 37.3) und die Pflegekzrse (§ 45) als Pflegeberatungen bezeichnet werden, fällt es Ratsuchenden oft schwer, zwischen den drei Formen der Beratung zu unterscheiden. Um etwas Licht in den Beratungsdschungel zu bringen, stellt die folgende Tabelle die drei Beratungsformen gegenüber und zeigt, inwiefern sie sich in ihren Zielen und Inhalten unterscheiden.

 

 

Beratungseinsatz nach 

§ 37.3 SGB XI

Pflegeberatung nach 

§ 7a SGB XI

Pflegekurse nach 

§ 45 SGB XI

Zielgruppe Pflegebedürftige & pflegende Angehörige Pflegebedürftige & pflegende Angehörige Pflegende Angehörige & ehrenamtliche Pflegepersonen
Zielsetzung Sicherstellung der Qualität der häuslichen Pflege und pflegefachliche Unterstützung der Pflegenden Umfassende Informationsbereitstellung und Organisation der Pflege- und Leistungsansprüche Vermittlung von pflegerischen Grundlagen und praktischem Pflegewissen zur bestmöglichen Pflege von Angehörigen zuhause
Inhalt
  • Einschätzung der Pflegesituation
  • Potenzielle Problembereiche ermitteln und Lösungsansätze aufzeigen
  • Information über weitergehende Beratungs- und Schulungsangebote
  • Hinweise zur Verbesserung der Pflegetechnik und der Gestaltung des Pflegemixes
  • Beratung über verschiedene Unterstützungs- und Entlastungsangebote
  • Bei Bedarf Höherstufung des Pflegegrads 

 

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  • Erstinformation nach der Antragsstellung bei der Pflegekasse
  • Ermittlung des individuellen Unterstützungsbedarfs
  • Beratung über die verschiedenen Pflegeleistungen und Unterstützungsangebote
  • Erstellung eines individuellen Versorgungsplans
  • Informationen über Entlastungsangebote
  • Begleitung und Überwachung der Durchführung
  • Abschließende Reflexion und Evaluation der Maßnahmen

Themen, die in den Kursen der Grundpflege behandelt werden:

  • Praktische Pflege
  • Selbstpflege
  • Recht und Soziales
  • Hygiene

Darüber hinaus werden Kurse zu speziellen Krankheiten angeboten:

  • Demenzkurse
  • Parkinsonkurse
  • Schlaganfallkurse 

 

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Verbindlichkeit

Regelmäßige Durchführung verpflichtend für Pflegegeldempfänger ab Pflegegrad 2

(feste Beratungsfristen: viertel- bzw. halbjährlich)

Freiwillig  Freiwillig 
Ort der Durchführung Häuslichkeit, in der die Pflege stattfindet

Zum Beispiel in Pflegestützpunkten, Wohlfahrtsverbänden, zuhause oder auch telefonisch möglich

(auch Online-Kurse möglich)

Öffentliche Kurse, bspw. in Volkshochschulen oder auch individuelle Schulungen zuhause

(auch Online-Kurse möglich)

Kostenübernahme Pflegekasse Pflegekasse Pflegekasse

 


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