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andere gesellschaftliche Themen Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen

Malinka
Malinka
Mitglied

Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Malinka

Anlässlich der schockierenden Nachricht über die Hinrichtung eines verurtelten Mörders in Alabama vor 2 Tagen, hatte ich unter "was mich im Thema "Würuber ...." bereits folgendermassen geäussert - ich erlaube mir, den gleichen Text hier noch einmal einzustellen, denn das Thema ist zu wichtig, als das es in der Belanglosigkeit untergehen sollte - ich danke ausdrücklich Olga ud Zaunkönigin dafür, dass sie dieses Thema angeregt haben.

Ich schrieb

Mich hat es sehr gewundert, dass es hier im ST noch keinen Aufschrei gab, dass da in Alabama/USA ein Mann , ein verurteilter Mörder, auf "experimentelle" Weise hingerichtet wurde. 
Der Alabama-Häftling Kenneth Smith wurde am 25. Januar durch Stickstoffhypoxie hingerichtet. Dies war die erste Hinrichtung mit dieser Methode in den Vereinigten Staaten und das erste Mal seit über vier Jahrzehnten, dass eine neue Hinrichtungsmethode eingeführt wurde. 

Generalstaatsanwalt Steve Marshall erklärte am Donnerstag gegenüber The Associated Press , dass Stickstoffgas „eine wirksame und humane Hinrichtungsmethode sein sollte und sich nun auch als solche erwiesen hat“. Er erwarte, dass andere Staaten bald diesem Beispiel folgen würden, sagte er. Dem Verureilt wird über eine Atemmaske das giftige Gas direkt in die Lunge gepumt, es ist ein qualvoller Tod, der Todeskampf dauert lt Medienmeldungen ab Aufsetzen der Maske 22 Minuten.
Bereits vor 2 Jahren sollte das Urteil mittels Injektion vollzogen werden - angeblich soll es 3 Stunden bis zum Abbruch gedauert haben, weil man keine Vene fand und nicht einmal geschultes Personal anwesend war. 

In Deutschland lehnen sogar Tierärzte ab, ein krankes Tier auf diese Weise zu töten, da es zu lange und zu qualvoll ist.
Tatsächlich ist die Giftspritze die gängigste Hinrichtungsmethode in den USA und sie gilt als  «human» im Vergleich zum elektrischen Stuhl,. Der wurde vor allem in den 80ern eingesetzt und auch da gab es viele Pannen. 

Bei der Gift-Injektion wird eine Mischung aus Medikamenten gespritzt, die zu Bewusstlosigkeit, Lähmung der Muskulatur und Herzstillstand führt. Doch es gibt mehrere Probleme bei dieser Methode: Einerseits scheitert sie immer wieder, weil etwa das Gefängnispersonal nicht geschult ist – und keine Vene findet, um die Injektion zuzuführen. Ein anderes Problem sind vor allem die Europäischen  Pharmakonzerne, die sich weigern, US-Gefängnisse mit den benötigten Medikamenten zu liefern. Deshalb experimentieren die USA neue Hinrichtungsmethoden. An eine Abschaffung der Todesstrafe denken leider auch die Demokraten und Präsident Biden nicht und unter einer möglichen neuen Präsidentschaft durch die Republikaner wird man den Vollzug der Todesstrafe wieder forcieren. Immerhin war es Donald Trump, der als Präsident geradezu in den Blutrausch geriet und sogar zig  Hinrichtungen  gegen den Willen der Opferfamilien durchsetzte ( und trotzdem distanziere ich mich von den verbalen Unflätigkeiten und Beleidigungen, die hier im Forum über den Mann zu lesen sind).  

Wenn man nur bedenkt, wie viele angebliche Täter allein in den USA nur aufgrund von Indizien unschuldig getötet wurden - was leider erst Jahre nach der Hinrichtung durch neue Techniken bewiesen werden konntem ist meine persönlche Antwort eindeutig NEIN - Todesstrafe ist mit nichts zu rechtfertigem 

Die Todesstrafe lässt sich in keinem Fall und niemals ethisch rechtfertigen, mit nichts. Sie verstößt  ganz grundlegend gegen die Menschenrechte. Sie verletzt das Recht auf Leben und stellt eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe dar. Darüber hinaus hat die Todesstrafe keine größere Abschreckungswirkung als beispielsweise langjährige Haftstrafen.“ (Zitat von Oliver Hendrich nach https://www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenrechte/232224/todesstrafe



Oder kann man sie doch rechtfertigen? 

 

Bruny_K
Bruny_K
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Bruny_K
als Antwort auf Malinka vom 27.01.2024, 19:32:00

Es ist gut, dass du das Thema umgezogen hast. Ich bin nach wie vor entsetzt wie man mit Stickstoff einen Menschen töten kann. Jeder Mensch wird rein instinktiv zunächst gegen das Ersticken ankämpfen und ich mag mir nicht vorstellen wie man diesem Todeskampf auch noch zusehen kann. Das ist in meinen Augen bestialisch. 
Ich bin ohnehin gegen die Todesstrafe. Auge um Auge sollte der Vergangenheit angehören. Zur Abschreckung dient sie auch nicht und viel zu viele Menschen wurden der Todesstrafe zugeführt, obwohl sie unschuldig waren, weil schlampig oder gar nicht ermittelt wurde. Nein für mich gehört die Todesstrafe abgeschafft.
Bruny

Ingrid60
Ingrid60
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Ingrid60
als Antwort auf Malinka vom 27.01.2024, 19:32:00
In dem anderen Thread wollte ich dir nicht zu nahe treten Malinka. 
Ich wunderte mich, dass du dich wunderst....das Thema ist schwere Kost und hier besser platziert.

Ich bin absolut gegen die Todesstrafe. Lebenslänglich sollte aber dann auch lebenslänglich sein. Hierzulande reduziert sich die Strafe auf 15 Jahre oder weniger. Angehörige, die einen Menschen durch Mord verloren haben, leiden ihr Leben lang.

​​​​​​Ingrid60 

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MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von MarkusXP

Ich denke, dass ganze hat mindestens zwei Aspekte ...

Es ist mir unbegreiflich, dass im Jahre 2024 auf eine solche Art, in einem demokratischen Land, Menschen hingerichtet werden. Wenn denn nun die Todesstrafe vollstreckt werden soll, so gibt es doch wahrlich andere Möglichkeiten.

Bei meiner letzten OP habe ich dem Anästhesisten von meiner ersten OP als Kind erzählt. Es war noch mit einer Äthermaske, da sollte ich zählen ... das wollte ich nun auch. "Ja, zählen Sie mal!" war die burschikose Antwort. Ich bin noch nicht einmal bis "1" gekommen, so schnell kam die Betäubung. ... und dann muss ich bei dieser Hinrichtung etwas von einem 20-Minütigen Todeskampf lesen. Es ist unglaublich was da gemacht wurde!

Aber davon abgesehen kennt in diesem ach so christlichen Land doch jeder das 5te Gebot: Du sollst nicht töten! Das gilt für Menschen, aber auch für staatliche Institutionen. Niemand hat das Recht einen anderen Menschen zu töten. Hat er es dennoch getan, so hat trotzdem niemand das Recht, es dem gleich zu tun ... aber mit etwas Mühe findet man ja auch andere Passagen in der christlichen Lehre. Für mich ist so etwas trotzdem einfach Barbarei.

Aber zu allen Zeiten haben Menschen andere Menschen getötet und trotzdem gut geschlafen ...
MarkusXP

Malinka
Malinka
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Malinka
als Antwort auf Bruny_K vom 27.01.2024, 19:48:26

und dass sich heute das Weisse Haus "mit Entsetzen" zu dem Fall meldet ist fast schon Hohn - denn es gab zig Petitionen und Bittschriften an den Präsidenten und der wohnt schliesslich dort .. 

DPA und AP melden:

Der 58-jährige Kenneth Eugene Smith wurde nach Angaben des Generalstaatsanwalts um 20.25 Uhr Ortszeit für tot erklärt, 29 Minuten nach Beginn der Hinrichtung. Smith war zum Tode verurteilt worden, nachdem er 1988 im Auftrag eines Pastors dessen Ehefrau ermordet hatte.
Bei der sogenannten Stickstoff-Hypoxie wird dem Häftling über eine Gesichtsmaske reiner Stickstoff zugeführt, wodurch er keinen Sauerstoff einatmen kann und stirbt. Die Hinrichtungsmethode sei nicht nur in den USA, sondern weltweit erstmals zum Einsatz gekommen, teilte Alabamas Justizminister Steve Marshall im Anschluss mit.
Menschenrechtsexperten hatten im Voraus beklagt, die Methode sei ungetestet und Smith könnte einen grausamen Tod sterben, der womöglich Folter gleichkomme. Alle Versuche seiner Anwälte, die Exekution aufzuhalten, waren jedoch erfolglos.
Hingerichtet wurde Smith in einem Gefängnis in der kleinen Stadt Atmore in dem Südstaat der USA. Nach Angaben von Marshall dauerte die Prozedur weniger als 30 Minuten. Bei der Exekution waren nur wenige Medienvertreter als Beobachter zugelassen, darunter eine Reporterin des regionalen Fernsehsenders WHNT. Ihr zufolge sagte Smith kurz vor seinem Tod: "Heute Abend hat Alabama die Menschheit dazu gebracht, einen Schritt zurück zu machen." Und weiter: "Ich gehe mit Liebe, Frieden und Licht."

und weiter

Die Reporterin berichtete weiter, mit dem Start der Stickstoffzufuhr habe Smith begonnen, sich zu winden und zu zittern. Mehrere Minuten lang habe er schwer geatmet, bevor schließlich keine Atemzüge mehr zu beobachten gewesen seien.
Ein Vertreter der zuständigen Strafvollzugsbehörde sagte, Smith habe zum Teil gezuckt und abnormal geatmet. Aber das sei erwartet worden und entspreche dem Forschungsstand zu Stickstoffhypoxie.
Dass die Inhalation von reinem Stickstoff keine schwerwiegenden Leiden verursacht, halten Experten der Vereinten Nationen allerdings für nicht wissenschaftlich bewiesen. Sie hatten gravierende Bedenken angemeldet, ebenso wie verschiedene Menschenrechtsorganisationen. Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung zu stoppen. Doch weder die zuständigen Gerichte in Alabama noch der Oberste US-Gerichtshof waren ihren Gesuchen gefolgt. Demonstranten hatten in den vergangenen Tagen auch die Gouverneurin von Alabama, Kay Ivey, aufgefordert, noch zu intervenieren - auch das vergeblich.


dagegen war die Guillotine ja geradezu human ... mich bewegt das sehr und es macht mich fassungslos, dass auch heute noch mit Menschenleben experimentiert wird, schliesslich wurde diese methode weltweit noch nie zuvor angewendet - wie schon erwähnt wird in Deutschland auf diese grausame Weise nicht einmal ein krankes Schwein vom Tierarzt euthanasiert... 
aixois
aixois
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von aixois
als Antwort auf Malinka vom 27.01.2024, 19:32:00

Oder kann man sie doch rechtfertigen?

Ich würde die Frage so stellen : ist die Todesstrafe ein integraler Bestandteil der als beispielhaft dargestellten gemeinschaftlichen westlichen Werte, die ganz besonders auf Menschenürde, Menschenrechte  und Humanität abstellen ?

Die , die sie praktizieren (oft sehr religiös-fromme Menschen) haben ihre Rechtfertigungs- Gründe, und scheren sich nicht viel um Gegenargumente.

Sind die Befürworter dann nicht mehr Teil des Wertekanon des 'Westens' ? Haben sie etwa Sanktionen oder sonstige Gegenreaktionen zu befürchten ?
Nein, zumindest mir sind keine bekannt.

Ist Hypokrisie ein Tatbestand, der verfolgt wird ? So ist das nun mal, wenn vorgeblich "Gerechte"  zu Selbstgerechten werden.

 

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jeweller
jeweller
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von jeweller
als Antwort auf Bruny_K vom 27.01.2024, 19:48:26

Hi Bruny, ich bin da ganz bei dir. Doch wäre ich als Strafe mehr für ein hartes Arbeitslager. Da Hätten sie kein so faules Leben und der Steuerzahler müsste nicht für ihren Unterhalt aufkommen.

LG Hubert
 

Der-Waldler
Der-Waldler
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf Malinka vom 27.01.2024, 19:32:00

Danke für diese klare, eindeutige Fragestellung, Malinka.

Meine ebenso klare und eindeutige Antwort: Nein.

Begründung: Ich hätte es nicht anders ausdrücken können als Markus es getan hat. Danke dafür, @MarkusXP

LG

DW

lupus
lupus
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von lupus

Die Vermischung des Problems der Todesstrafe an sich mit deren Vollstreckung ist für eine Diskussion nicht gut. Es sind zwei ganz unterschiedliche Probleme.

lupus
 

Der-Waldler
Der-Waldler
Mitglied

RE: Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf lupus vom 28.01.2024, 07:43:59
Die Vermischung des Problems der Todesstrafe an sich mit deren Vollstreckung ist für eine Diskussion nicht gut. Es sind zwei ganz unterschiedliche Probleme.

lupus
 

Ich denke, das solltest Du mal etwas näher erklären, was Du meinst, ich verstehe das nicht. Wenn man für/gegen die Todesstrafe ist, dann ist man doch auch für/gegen deren Vollstreckung. Und egal, wie "human" eine Todesstrafe auch sein will, ich bin dagegen.

DW

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